Meinung und Satire
Rund um die Psyche
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Anorexia nervosa - Magersucht

anorexie magersucht essstörung bulimie Es klingt zunächst erstaunlich, aber die Anorexie, besser bekannt unter dem Begriff  Magersucht, ist gesamt gesehen eine eher seltene psych. Erkrankung. Dies liegt aber daran, das die meist betroffene Risikogruppe eng begrenzt ist. Zumeist betroffen sind Frauen bzw. Jugendliche ab 14 (häufig nach dem Eintreten der Menstruation) bis ins Alter von etwa 25. Nur ein geringer Prozentsatz der Betroffenen sind Männer (ca. 5 - 10%)
Innerhalb dieser Risikogruppe liegen die Schätzungen aber bei 1%. Hinzu kommen außerdem weniger ausgeprägte einzelne Symptome einer Essstörung, hier gehen die Schätzungen bis zu 20% innerhalb der höchsten Risikogruppen.
Ein hoher Prozentsatz der Schülerinnen zwischen 12! und 20 weist bereits Frühformen der Essstörungen auf. Offiziellen Angaben nach sterben 10-15% der Magersüchtigen an ihrer Erkrankung.  Da Magersüchtige ihre Krankheit vor der Umwelt verbergen möchten, stellt sich die  Frage nach der Dunkelziffer. So gesehen sind die Zahlen dann eher alarmierend.
Magersucht ist gekennzeichnet extremes Diätverhalten oder sogar totaler Nahrungsverweigerung. Häufig beginnt die Anorexie mit Diäten, dem erstellen von Kalorienplänen. Sport wird häufig exzessiv betrieben, das Ess- und sonstige Verhalten nimmt immer zwanghaftere Züge an. Hierzu können gehören

- ständiges Wiegen, Kalorienzählen
- Essrituale, extrem langsames Essen, extrem heiss/ kalt essen, das Essen
   “zerpflücken”,
   unpassendes zusammen essen, kompletter Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel 
- umsteigen auf light-Produkte, extrem kalorienarme Kost
- Vieles im Stehen machen, sich Kälte ausssetzen, schwere Taschen tragen und
  ähnliches was Kalorien verbraucht, spartanische Lebensweise, Ablehnung lustbetonter
   Betätigungen
- allgemein extremes Verhalten in Bezug auf : Ordnung, Reinlichkeit, Sparsamkeit,
   Schwarzweissdenken, Leistung, Pflicht, Kontrolle, Perfektionismus
- Rückzug aus der Familie
- Vortäuschen von Essen durch Kauen und wieder ausspucken, absichtliches
   Erbrechen, Einnahme von Abführmitteln oder Appetitzüglern
- Kochen und Backen für andere, Rezepte sammeln als “Alibi”

Die Betroffenen ziehen sich immer mehr aus der Familie zurück und erfinden Ausreden, nicht am gemeinsamen Essen teilzunehmen. Es fehlt meist an Krankheitseinsicht, die Krankheit wird versteckt und überspielt : lockere lockere, verschleiernde Kleidung, Ausreden warum nichts gegessen wird, etc. Die Betroffenen sind sehr geschickt im “verstecken” ihrer Krankheit Deshalb wird die Erkrankung häufig erst spät entdeckt. Vielfach dauert es viele Monate oder sogar Jahre, bis die Störung als solche erkannt wird.
anorexie magersucht essstörung bulimieEssen ist etwas Verbotenes, dient nicht mehr zur Lebenserhaltung. Abnehmen dagegen ist Lebensziel und die Betroffenen sind stolz, wenn sie ein selbst gesetztes Diätziel erreicht haben. Die Betroffenen haben große Angst vor dem Zunehmen. Dabei steht nicht der Körper als Ganzes im Mittelpunkt der Diät, sondern bevorzugt einzelne Körperregionen wie Bauch, Po, Oberschenkel. Dies mag auch darauf zurückzuführen sein, das der Körper als etwas fremdes erlebt wird, das eigene Körperempfinden geht verloren. Doch damit sind sie nicht zufrieden und setzen sich das nächste Ziel, immer weiter bis in einzelnen Fällen das Körpergewicht und die körperliche Verfassung lebensbedrohlich geworden sind.
Auch der Zugang zu ihrer eigenen Gefühlswelt fällt Magersüchtigen oftmals schwer. Demgegenüber können sie sehr sensibel gegenüber den Bedürfnissen anderer sein und sich mit diesen verbal auseinandersetzen, argumentieren. Auch ein Grund, warum die Störung in ihrer Tragweite oft erst spät erkannt wird.

magerAnorexie heisst übersetzt Appetitlosigkeit, was aber nicht grundsätzlich kennzeichnend ist. Vielmehr ist oftmals ein Hungergefühl vorhanden, aber dessen Befriedigung erlaubt sich die/der Magersüchtige nicht. Hier zeigt sich auch die extreme, selbstkasteiende Einstellung der Betroffenen. Auch wenn es weh tut, der Betroffenen leidet, erlaubt er sich nicht seinem natürlichen Verlangen nachzugeben. Denn damit würde er Schwäche und Kontrollverlust empfinden. Dieser Punkt scheint wesentlich zu sein. Nicht-Essen, Nahrungsverweigerung, den Körper bezwingen stellt für Magersüchtige Ziel und Erfolg dar. Gewichtreduzierung, das Erreichen unnatürlicher Diätziele bedeutet für Betroffene Leistung und Erfolg.
Hier stehen sich zwei völlig verschiedene Sichtweisen gegenüber:
..Während der Arzt sagen würde, dieses Gewichtsabnahme hat zu einem lebensgefährlichen Zustand geführt,  ist lebensbedrohlich und selbstverletzend
...sagt der/die Magersüchtige: Ich habe Erfolg, habe meinen Körper bezwungen, habe Leistung, und Stärke gezeigt und kann stolz darauf sein, ich bin auf dem richtigen Weg.

Steht im Vorfeld noch das Abnehmen im Vordergrund, bedeutet “abmagern” jetzt evtl. verstärkt auch
- sich abgrenzen von Familie, sozialem Umfeld, eine besondere Individualität
   erreichen, anders sein (...So wie die will ich nie werden!)
- Leistung, Erfolg erbringen und beweisen, Ausdruck von Macht(über die Familie?)
- ein selbsterstelltes Schönheitsideal erreichen
- dem Leben einen Inhalt und Sinn geben, eine vorhandene innere Leere füllen
- körperlicher Ausdruck der inneren Leiden, psych. Probleme, des Selbsthasses etc.
- Ersatz für fehlende Liebe, Freunde, Lebensfreude
- Flucht vor der realen Welt, dem Erwachsenwerden, Verleugnung von Weiblichkeit

- ..................................................

Das bestehende Hungergefühl wird mit Kaugummikauen, der Zufuhr kalorienloser Nahrung/ Getränke oder z.B. exzessivem Sport versucht zu bekämpfen.
Doch in einigen Fällen und vor allem in Stresssituationen kann die Anorexie ähnlich der Bulimie zu Heißhungerattacken führen, können Erkrankte ihrem Hungergefühl nicht mehr widerstehen. Die damit sinnbildhaft verlorene Kontrolle über den eigenen Körper wird mit anschliessendem Erbrechen wiedererlangt. Hier gibt es einen Grenzbereich beider Erkankungen. Man spricht hier auch von Bulimanorexie.

Dieses Video einer schwedischen Site zum Thema veranschaulicht noch einmal deutlich die Differenz zwischen Wirklichkeit und dem Körperempfinden einer Betroffenen.
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Bulimia nervosa - Bulimie - Ess-Brech-Sucht

Die Bulimie tritt wesentlich häufiger auf als die Anorexie, aber ebenfalls vorwiegend bei Frauen auch im Bereich zwischen 15 und 25., wobei die Störung insgesamt etwas später auftritt. Dazu muss gesagt werden, das viele Bulimiker bereits vorher an Magersucht litten. Hier besteht also ebenfalls eine Überschneidung zwischen beiden Erkrankungen. Die geschätzte Häufigkeit in dieser Risikogruppe liegt bei 1 - 3%, wobei die tatsächliche Häufigkeit wegen der wahrscheinlich hohen Dunkelziffer, der nicht erkannten Fälle höher liegen dürfte. Da bulimische Patienten meistens ein noch im unauffälligen Bereich liegendes oder sogar leichtes Übergewicht haben und Wert auf ihr Äußeres legen, bleibt ihre Erkrankung lange oder überhaupt unentdeckt. Die Betroffenen sollen ebenfalls vorwiegend aus der Mittel- oder Oberschicht stammen. Auch bei dieser Störung sind kennzeichnend ein gestörtes Verhältnis zum eigenen Körper und die teils panische Angst vor einer Gewichtszunahme.

Weiterhin ist die Bulimie gekennzeichnet durch regelmässige Heisshungerattacken, mehrmals wöchentlich oder sogar täglich.  Dabei werden große Mengen vor allem kalorienreicher Nahrung “heruntergeschlungen”. Im Anschluss daran werden diese durch herbeigeführtes Erbrechen wieder ausgeschieden. Diese Erbrechen kann im fortgeschrittenen Stadium dann sogar reflexartig, automatisch erfolgen. Begleitend werden oft ebenfalls Appetitzügler oder Abführmittel eingenommen werden. Zwischen den Heisshungerattacken wird versucht, eine Diät einzuhalten. Durch diese Phasen der Diät stellt der Körper dann auf “Energiesparen” um, so dass trotz Diät das Gewicht nicht oder kaum reduziert wird, während Nahrungsaufnahme zu sofortiger Gewichtszunahme führt. Ein Kreislauf, der das Leiden noch verschlimmert.
Überhaupt leiden Bulimiker übermäßig an ihrer Erkrankung. Nach der Befriedigung ihrer Heißhungerattacken kommt der gefühlsmäßige Absturz, Selbstvorwürfe sich nicht genügend unter Kontrolle zu haben verbunden mit grossen Schamgefühlen. Dies führt dann wieder zu dem Wunsch, die begangene “Sünde” auszugleichen durch herbeigeführtes Brechen. Auch hier entsteht ein Kreislauf, der kaum noch zu unterbrechen ist.
 
Trotz des relativ normalen Gewichts sind körperliche Folgen ähnlich der Anorexie zu erwarten. Durch den Medikamentenmissbrauch, die unregelmässige und unausgewogene Ernährung kommt es ebenfalls zu gravierenden Mangelerscheinungen. Weitere mögliche Folgen durch das häufige Erbrechen und die dabei ausgestoßene Magensäure sind eingerissene Mundwinkel, Entzündungen der Speiseröhre, Mundschleimhaut, Zahnfleischentzündungen und Karies. Die großen aufgenommenen Nahrungsmengen können zu einem erweiterten Magen führen. Sogar Schwielen am Handrücken durch das ständige zum Erbrechen führen sind möglich.
 

Organische Folgen

Dieses extreme Essverhalten kann dauerhaft natürliche auch weitere körperliche Folgen haben. Hierzu gehören:

- Verzögerung der pubertäten Entwicklung, Ausbleiben der Menstruation (Amenorrhoe),
    Wachstumsstillstand, Störungen im  Hormonhaushalt, sexuelle Funktionsstörungen -
    Unfruchtbarkeit - Potenzprobleme - sexuelle Unlust
- Kälteempfindlichkeit, in extremen Fällen Rückgang der Körpertemperatur auf
    lebensbedrohliche Werte
- Haarausfall, Lanugo-Behaarung - dies ist eigentlich die leichte Behaarung des Fötus im
   Mutterleib. Ein derartiges Wollhaar kann sich auch bei Magersüchtigen bilden wohl vor
   allem als Kälteschutz.
- Herz-Kreislaufstörungen, Schwindel, Ohnmachtsgefühle
- brüchige Haare- Fingernägel, trocken-gelbliche Hautveränderungen/ -blutungen
- Magen-Darm-Veränderungen, blutiges Erbrechen,Verstopfung,Durchfall
- Osteoporose mit Knochenbrüchigkeit, Zahnfleisentzündungen, Zahnschäden
- Stoffwechselstörungen  - Blutbildveränderungen (Mangel an Eiweiss, weissen
   Blutkörperchen,...
- Muskelschwäche, Wassereinlagerungen-besonders gefährlich im Herzbeutel
- Leber und Nierenschädigungen auch als Folge der Medikamenteneinnahmen

Diese körperlichen Auswirkungen sind auf Dauer gravierend, lebensbedrohlich und können auch teilweise unkorrigierbar sein. Deswegen kann in extremen Fällen auch eine Zwangseinweisung in stationäre Behandlung nötig sein. Nicht selten beträgt das Körpergewicht Magersüchtiger weniger als 40 kg, treten lebensbedrohende Umstände ein. .

Allgemeines

Begleitend finden sich häufig “affektive Auffälligkeiten” wie Zwanghaftes Verhalten, Angst  oder Depressionen. Außerdem Schlafstörungen, Migräne, Drogen/Alkohol/Tablettenmissbrach oder Nervösität. Auch verschiedene Persönlichkeitsstörungen finden sich zu einem hohen Teil bei den Betroffenen.(z.B. zwanghaft,histrionisch, Borderline, selbsunsicher, narzistisch)

Als besondere Risikogruppen gelten auch Modells, BalletttänzerInnen und bestimmte Sportlerarten (z.B. rhytmische Sportgymnastik, Ausdauersport, Turnen, Eislaufen).
Dominierende Persönlichkeitsmerkmale sind in vielen Fällen  Fleiß, Beharrlichkeit,Zielstrebigkeit, Ehrgeiz, Zähigkeit, Introvertiertheit und eine gut durchschnittliche bis überdurchschnittliche Intelligenz. Den Erfahrungen nach kommen die meisten Betroffenen aus äusserlich intakten Familien. Einige Berichte sprechen auch von einer Erscheinung der “leistungsorientierten Mittel- oder Oberschichtschicht”.  

Verlauf

Die Prognosen bei Anorexie und Bulimie sind eher ungünstig, die statistischen Zahlen schwanken allerdings sehr stark und sollten nur als Näherungswerte verstanden werden. Sie können aber schon einen Eindruck von der Gefährlichkeit dieser Erkrankungen geben.
Den Erfahrungen nach erreichen etwa ein Drittel der Magersüchtigen  wieder ihr Normalgewicht. Ein weiteres Drittel hat einen eher ungünstigen Verlauf mit noch größeren Abweichungen vom Normalgewicht, wobei nach langjähriger Therapie auch hier viele als soweit genesen gelten, dass sie mit ihrem Leben relativ gut zurecht kommen können. Trotz Normalgewicht verbleibt aber in vielen Fällen eine verzerrte Körperwahrnehmung und der ständige Kampf gegen den Wiederausbruch der Erkrankung.  Etwa ein Viertel erkrankt aber chronisch, 10-15% der Betroffenen versterben durch Suizid oder an den körperlichen Folgen der Erkrankung..

Für die Bulimie liegen noch ungenauere Statistiken vor, jedoch besagen die meisten Statistiken ähnliches. Etwa ein Viertel der Erkrankungen wird chronisch, ein Großteil (50-60%) kann nach langjähriger Therapie und oftmals mehreren Rückfällen ein relativ normales Leben führen, ein weiterer Teil der Betroffenen entwickelt andere leichtere oder andere Formen der Essstörungen. Wesentlicher Unterschied ist die gravierend niedrigere Sterberate, die mit ca 3% angegeben wird.

Eine Vielzahl der Betroffenen erkrankt  neben oder aber anstelle der Essstörung an anderen psych. Erkrankungen: Angststörungen,Zwänge,Depressionen oder werden Alkohol- oder Drogenabhängig.

                                                                                                                                                                                                                                                                        
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