Meinung und Satire
Rund um die Psyche
Banner3

                                Zum Thema Psychiatrie

Psychiatrie als Wissenschaft ist erst etwas mehr als ein Jahrhundert alt.                         
Zwar beschäftigten sich bereits 500 v.C. namhafte Philosophen und Ärzte mit psychischen Störungen wie Melancholie, Manie, Demenz und Wahn, doch kaum ein anderer Zweig war
so wenig wissenschaftlich begründet und einem so rigiden Wechsel unterworfen wie die Psychologie(Psychiatrie)
Bereits Hippokrates (460 v.C.) lehrte, das Krankheiten natürliche Ursachen hätten und gestörtes Verhalten medizinischen und nicht dämonologischen Ursachen zuzurechnen sei.
So behandelte er Melancholie durch ruhiges Leben, Abstinenz, körperliche Ertüchtigung, sexuelle Enthaltsamkeit  und Aderlass.
Auch römische Philosophen und Ärzte übernahmen in Teilen seine Ansätze (Aristoteles,Aretaeus) und vertraten die Ansicht, das emotionale und medizinische Ursachen gestörtes Verhalten hervorrufen können.
Doch mit dem Untergang des römischen Reiches gingen diese Erkenntnisse verloren und Exorzismus und Dämonologie bestimmten wieder den Umgang mit psychischen Krankheiten.
Zwar wurden schon im 13.Jahrhundert psychiatrische Krankenhäuser eingerichtet, doch waren diese mehr als Verwahranstalten eingerichtet, in denen die Kranken in Ihren Zellen dahinvegetierten und  den “Gesunden” zur Schau gestellt wurden.
Erst um 1800 begann sich der Umgang mit psych.Kranken wieder zu bessern.
Mit Verbreitung der “moralischen Behandlung” durch z.B. Philippe Pinel(1745-1826) und William Tuke(1732-1840) wurden die Prinzipien des moralischen, menschlichen und respektvollen Umgangs mit Kranken eingeführt. Während dieser Zeit gelang es  nur durch menschlichen Umgang, Zuwendung und Licht  grosse Teile der Patienten als gesundet zu entlassen.
Doch bereits Ende des Jahrhunderts verkamen die meisten Krankenhäuser wieder zu Verwahranstalten, statt frischer Luft und Zuwendung erhielten die Insassen wieder Fesseln und Schläge
Gleichzeitig entwickelten sich ab dem 18. Jahrhundert aber auch die ersten Ansätze der Psychotherapie und im 19.Jahrhundert die verschiedensten Schulen
Mit Anton Messmer(1734-1815) versuchte sich einer der ersten Vertreter dieser Schulen in Hypnose. Er steckte während Gruppensitzungen, bei denen seine Patienten wahrscheinlich in einen tranceähnlichen Zustand versetzt wurden, Eisenstäbe in Chemikalien und berührte dann den Körper der Patienten mit den Stäben.-Mesmerismus/animalischer Magnetismus-
Die Phrenologen nach Gall(1758-1828) versuchten Persönlichkeiten zu erfassen durch Abtasten des Schädels nach Erhebungen und Einbuchtungen. Jeder Stelle des Schädels wurde eine bestimmte Persönlichkeitseigenschaft zugeordnet.
Jacob Levi Moreno (1889-1974)entwickelte das Psychodrama, eine Umsetzung der psych. Probleme in eine Theaterstück.
Der Wiener Arzt Josef Breuer(1842-1926) beschäftigte sich mit dem Einfluss der Hypnose auf hysterische Patienten. Überhaupt stellte die Hysterie zu dieser Zeit eine der bekanntesten psych.Störungen dar.
J.B.Watson beschäftigte sich mit dem menschlichen Lernen und kann als Begründer des amerikanischen  Behaviorismus angesehen werden.
Auch Sigmund Freud(1856-1939)) beschäftigte sich viel mit der Hysterie und begründetet mit der Psychoanalyse erstmals eine Schule, die sich -zwar nicht ohne Widerspruch-  aber auf  breiter Front durchsetzen konnte bis in die heutige Zeit.
So entwickelten sich bis Heute die verschiedensten, teils auch obskuren Schulen.
Erst mit Errichtung des ersten psychologischen Laboratoriums durch Wilhelm Wund 1879 in Leibzig erhielt die Psychologie verstärkt wissenschaftlichen Anspruch. Doch weiterhin stritten (und streiten) sich die Vertreter verschiedenster Schulen um den Anspruch, das “System Mensch” am besten erklären zu können.
  
Erst in den 1950er Jahren wurden Medikamente zur Heilung psych.Kranker entwickelt, in den 70ern mit dem ICD III und in den 80ern mit dem amerikanischen DSM 8
eine Katalogisierung psychischer Krankheiten, die dem Anspruch gerecht wurde, international verbindlich als Diagnoseleitlinie psych.Erkrankungen zu dienen.
Trotzdem ist die Psyche des Menschen erst zu einem Bruchteil erforscht.

                                              Schwierigkeiten
Weder Krankheitsursache noch medikamentöse Wirkung sind bis ins letzte Detail bekannt.
Die Medikamentation erfolgt oft noch unter der Prämisse: - wenn dieses Medikament in einem festgesetzten Zeitraum nicht hilft, wird das nächste ausprobiert oder die Dosis verändert-.
Auch über die Vorgänge im menschlichen Körper bei vielen Störungen wird mehr spekuliert, als das es handfeste Beweise gibt. Die neueren Diagnosemodelle gehen aber in den meisten Fällen von einer multifaktoriellen Verursachung bei psych. Erkrankungen aus: Ein Zusammenspiel seelischer, körperlicher und genetischer Faktoren in verschiedener Gewichtung.

Am Beispiel Schizophrenie lässt sich eine weitere Schwierigkeit der Psychiatrie veranschaulichen. Angst,Wahn,affektiveStörungen(depressiveZüge), Halluzinationen,autistische Symptome,Sprachstörungen,Aufmerksamkeitsstörungen sind einige der möglichen Symptome.
Diese können aber auch teilweise als eigenes Krankheitsbild oder begleitendes Symptom bei anderen Krankheiten auftreten.Die Grenzen zwischen den verschiedenen Krankheiten sind in der Praxis manchmal schwer zu ziehen, sind eher fliessend oder es werden Mehrfachdiagnosen erstellt.

Noch ist die Psyche des Menschen ein Buch mit sieben Siegeln, vielleicht ist dies auch gut so.
Sonst würde vielleicht bald die erste künstliche Seele im Genlabor gezüchtet.

Kurz gefasst:  Die Pschologie/Psychiatrie ist eine sehr alte, aber aus wissenschaftlicher Sicht sehr junge Wissenschaft, die noch weit davon entfernt ist, den Menschen in all seinen Facetten erklären  zu können.
Was versteht man nun aber unter Psychologie?
Allgemein formuliert die Lehre vom Verhalten, Erleben und Bewusstsein des Menschen als Individuum und in Beziehung zu seiner Umwelt.

Die Psychiatrie ist ein Teilgebiet der Medizin und beschäftigt sich mit der Prävention, Diagnose und Therapie psychischer Störungen.

Die Psychotherapie gibt es schon so lange, wie es seelische Krankheiten gibt.
Wenn auch nicht unter diesem Namen, so kann man trotzdem schon die erwähnten Lehren des Hippokrates und die Rituale und Beschwörungszeremonien der Urvölker  zu diesen Bereich zählen.
Psychotherapie ist die Behandlung psych. Kranken mittels zwischenmenschlicher Kommunikation und übender Verfahren.
Wenn auch durch die Krankenkassen bisher nur die grossen Schulen (Psychoanalyse, Verhaltenstherapie,tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie) anerkannt werden, gibt es inzwischen hunderte von Therapien, die alle Ihren Platz in der Psychotherapie beanspruchen.
Von Biofeedback bis zur Urschreitherapie ist erlaubt, was gefällt.
Wobei es bei letzteren  nicht um den schweren Fall der Schizophrenie oder des suizidgefährdeten Depressiven geht, sondern um Fälle, in denen der Patient nicht mehr mit seinem Leben zurechtkommt , ohne therapeutisch behandelt zu werden.
Welche Therapie geeignet ist, entscheidet dabei immer noch der Patient.
Nur wenn er durch die Therapie angesprochen wird und bereit ist, aktiv mitzuwirken, kann sie ihm dauerhaft helfen.
Psychotherapie ist Kommunikation, wenn diese zwischen Therapeut und Patient nicht stimmt, nutzt die beste Schule nichts.
Psychotherapie ist aber vor allem das Aufbrechen festgefahrener, unproduktiver, lebensverneinender Muster und Keisläufe. Viele psych. Erkrankungen sind nur behandelbar über den Weg der Veränderung im fämiliären, sozialen Bereich und der persönlichen Denkmuster des Betreffenden.
Therapie bedeutet auch, den scheinbar geheilten Patienten nicht ohne Beistand in seine soziale und familiäre Umgebung zurückzuschicken. In vielen Fällen reicht es nicht aus, die Therapie auf den einzelnen Patienten zu beschränken. Nicht selten sind auch im Umfeld des Erkrankten “krankmachende” Stressoren zu finden. Kommt dieser nunmehr in dieses unveränderte belastende Umfeld zurück, ist die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls wesentlich höher, als wenn auch eben jenes Umfeld mittherapiert wird.
 

Zuletzt noch ein paar Sätze zum Thema psychisch krank:
Wer entscheidet, ob jemand psychisch krank ist oder nicht?
Klammern wir die offensichtlichen Fälle aus, in denen der Kranke nicht mit seiner Umwelt zurecht
kommt und eine Gefahr für sich und andere darstellt, in denen der Leidensdruck- eine wesentliche Vorraussetzung für eine psych.Krankheit - zu gross ist, um ein normales Leben zu führen.
Wir neigen vielfach dazu, jeden der sich anders verhält als wir es erwarten, als Spinner, Psychopath zu bezeichnen - doch wer kann sich dies letzten Endes anmassen.
Solange derjenige auf seine Art ein zufriedenes ausgeglichenes Leben führt, haben wir dies in einer offenen Gesellschaft zu akzeptieren.

Schon der renommierte Psychoanalytiker Eric Berne (Sprechstunden für die Seele, 1972) unterschied zwischen neurotischem Verhalten und dem neurotisch Erkrankten. “Bei neurotischem Verhalten benutzt das Individuum seine Energie in unangemessener und unökonomischer Weise, um alte verdeckte Triebregungen ... zu befriedigen”
Welchen Sinn macht es, sich durch Rauchen die Lunge zu zerstören, mit Alkohol die Leber, sich bei gewissen Sexpraktiken auspeitschen zu lassen oder sich zu verschulden, um immer die modernste Kleidung zu tragen? Auch in diesen Fällen liegen analytisch gesehen unbewusste Zwänge, ungelöste Konflikte vor, welche auf diesem Weg verarbeitet werden . Doch “ in einer gemässigten Form ist ein Grossteil des neurotischen Verhaltens gesellschaftlich akzeptiert und normal. Nur wenn es Ausmasse annimmt, die für das Individuum selbst oder seine Mitmenschen schädlich oder bedrohlich sind, nennt man es Neurose”
In einer neurotischen Gesellschaft ist der Kranke gesund und der Gesunde krank

Deswegen sei noch mal gesagt: es geht hier nicht um den “Spinner” von nebenan, sondern um den an einer Erkrankung leidenden.