Meinung und Satire
Rund um die Psyche
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Zum Thema Essstörungen: Anorexie, Bulimie, Adipositas, Binge Eating

Das Idealgewicht!

Vorab eine kurze Einführung ins Thema BMI. Der BMI ist ein Wert, mittels dessen festgelegt maßbandwerden soll, welches Gewicht im Normalbereich liegt. Zwar halte ich persönlich solche ausufernden Zahlenspiele nicht unbedingt für notwendig, aber ganze Scharen von Wisssenschaftlern beschäftigen sich mit derartigen Statistiken und es ist manchmal auch ganz interessant, zu sehen, mit was sich moderne Wissenschaft auseinandersetzt.
Natürlich gibt es daneben auch noch die bisherige Fausformel nach Broca, die wohl jeder kennt und die etwas weniger kompliziert ist: Körpergröße in cm - 100=  mittleres Normalgewicht.
Nachfolgend ein interessanter Kommentar, den ich im Internet gefunden habe:

Mein Problem mit dem heute gebräuchlichen BMI besteht darin, dass durch die zweite Potenz der Körpergröße dividiert wird und nicht durch die dritte Potenz. Ich würde einen kubischen Body-Mass-Index (KBMI), bei dem also durch die dritte Potenz (Kubik) der Körpergröße h dividiert wird, für sinnvoller halten. Zur Begründung betrachten wir eine Klasse K von Menschen, die einander vollkommen ähnlich sind, sich aber durch unterschiedliche Körperhöhe h unterscheiden. Man kann sich dies so vorstellen, dass man einen Grundtyp der Höhe h = 1 hernimmt, in ein 3-dimensionales Koordinaten­system stellt und alle Koordinatenangaben mit einem festen Wert h multipliziert. Zum Beispiel geht dabei der Koordinatenpunkt (3, 2, 7) über in den Punkt (3h, 2h, 7h). Das Ganze läuft also ab wie eine fotografische Vergrößerung, nur eben im 3-dimensionalen. Das Gewicht G eines Menschen aus K ist dann gegeben durch G = c*h³, wobei c eine Konstante ist. Dies zeigt eine einfache mathematische Überlegung, die ich hier nicht näher ausführen möchte. Plausibel wird dies, wenn man das Würfelvolumen V = a³ (a ist hierbei die Kantenlänge) und das Kugelvolumen V = (4pi/3)*r³ (r ist der Kugelradius) betrachtet, die beide in der dritten Potenz von der linearen Ausdehnung a bzw. r abhängen.. Alle Menschen aus der Klasse K, die also untereinander vollkommen ähnlich sind, würde ich als gleich schlank anzusehen, ihr BMI wäre aber c*h, also von der Körperhöhe abhängig und nicht einheitlich. Dagegen wäre ihr KBMI einfach c, also einheitlich für die ganze Klasse K.Menschen mit einem BMI von wenigstens 25 gelten als übergewichtig. Dementsprechend müsste man sagen, dass Menschen mit einem KBMI von wenigstens 16 (ungefähr, müsste genauer festgelegt werden) als übergewichtig anzusehen sind. Die Übergewichtigen nach BMI bzw. KBMI sind aber nicht identisch! Natürlich kann man einwenden, dass die Körperhöhe h allein nicht ausreicht, um einen Menschen zu charakterisieren. Sicher wäre es realistischer, wenn man nicht durch h³, sondern durch h*b*t dividiert, wo h die Körperhöhe, b die Körperbreite und t die Körpertiefe sind. Die Körperbreite b lässt sich vielleicht als Schulterbreite interpretieren, aber wer will die Schulterbreite exakt messen? Bei der Tiefe t ist es noch schwieriger, die Fußgröße ist gewiss nicht angebracht. Am einfachsten wäre es, die Tiefe t proportional zu b anzunehmen. Damit käme man zu einem verbesserten BMI (VBMI), der sich nach der Formel G/(h*b²) berechnet. Menschen mit einem VBMI von wenigstens 220 wären als übergewichtig anzusehen. Der VBMI ist sicherlich wegen der Messung der Schulterbreite b schwer handhabbar. Eine Beobachtung zeigt nun, dass die Schulterbreite mit h wächst, aber nicht so schnell wie h. Die einfachste Annahme wäre, dass b etwa wie die Wurzel aus h wächst. Dies müsste allerdings experimentwell nachgeprüft werden, ist es vielleicht schon. Setzt man dies in den VBMI für b ein, so gelangt man wieder zum BMI. Der BMI ist dann gerechtfertigt, weil größere Menschen zwar auch breiter sind, aber nicht proportional zur Körperhöhe breiter. Die Dimension aller Koeffizienten BMI, KBMI und VBMI ist kg/m³. Die Koeffizienten für meine Frau (G = 60.7 kg, h = 1,64 m, b = 0,43m) sind BMI = 22,6, KBMI = 13,8 und VBMI = 200. Die entsprechenden Koeffizienten für mich (G = 78,5 kg, h =1,84 m, b = 0,46 m) lauten BMI = 23,2, KBMI = 12,6 und VBMI = 202. Nach dem BMI und dem VBMI ist meine Frau schlanker, nach dem KBMI bin ich schlanker.”

Was sagt uns das?: Der BMI (Body-Mass-Index) ist der Versuch, das “Sollgewicht/Idealgewicht” eines Menschen zu bestimmen. Er wird auch als Hilfsmittel zur Diagnostizierung einer Magersucht oder Übergewicht herangezogen.
Er errechnet sich aus der simplen Formel:    BMI = Körpergewicht/Körpergröße².
Weniger simpel sind die weiterführenden Überlegungen. Die Faktoren Geschlecht, Entwicklungsstand, Alter und Verhältnis Fett zu Muskelmasse müssten berücksichtigt werden.
Zumindest das Alter kann in Form sogenannter Perzentile getrennt nach Geschlecht in die Erwägungen auf der Suche nach dem Idealgewicht einbezogen werden. Ein Perzentilwert von 60 bedeutet zum Beispiel, das 60% aller Frauen einen BMI-Wert im Bereich zwischen 0 (den es natürlich nicht gibt, dann wäre das Gewicht gleich Null) und 60 haben.
Anders ausgedrückt: an den linken und rechten Rändern und darüber hinaus liegen Werte, die auf ein Gewicht hindeuten, das nicht mehr im “normalen” Bereich liegt. Als Normalgewicht bei Erwachsenen gelten Werte im Bereich zwischen 18,5 und 24,9. Kinder und Jugendliche sollten im Bereich zwischen der 10ten und 90ten Perzentile liegen.

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BMI-Rechner für Erwachsene.
 Einen BMI-Rechner für Kinder findet man hier:
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

 

 

Doch trotz aller wissenschaftlichen Berechnungen, unser Idealgewicht auf die 2te Stelle hinter dem Komma zu berechnen, reicht normalerweise der gesunde Menschenverstand. Wer nur noch keuchend bei sonstiger Gesundheit die Treppen zum 2ten Stock bewältigt oder mit seinen Gesäßknochen Luftballons zum zerplatzen bringen kann, hat eben ein Gewichtsproblem. Da reicht ein Blick mit gesundem Menschenverstand in den Spiegel. Doch hier liegt oft das Problem. Viele Essgestörte haben ein verschobenes Körperbewusstsein, sehen sich selber im Spiegel anders als ihre Umwelt es tut.
Dabei spielt sicherlich in einigen Fällen auch der momentane Schlankheitswahn in bestimmten Gesellschaftsschichten eine gewisse Rolle. Knochig ist schick. Was auf den Laufstegen der Welt unterwegs ist, kann in vielen Fällen nicht als Beispiel für normalgewichtige und kerngesunde Persönlichkeiten angesehen werden. Hier wird eine falsche Wirklichkeit vorgegaukelt.
Doch gerade Teenager sind vielmals anfällig für Beeinflussungen durch die Medien. Täglich suggeriert uns die Werbung den schlanken, durchtrainierten, müsliessenden, ins Fitnessstudio gehenden Typen als den Idealtyp unserer Gesellschaft. Und das, obwohl unsere Wohlstandsgesellschaft im Gegensatz dazu mit ihren Ernährungsgewohnheiten und dem reichlichen Nahrungsangebot eher Übergewicht fördert.

Essstörungen als sekundäres Krankheitssymptom

Die hier im Mittelpunkt stehenden Essstörungen haben ihren Ursprung überwiegend im psychischen Bereich. Doch bei extrem gestörten Essverhalten, Gewichtszunahme oder -Abnahme gilt es immer, körperliche oder andere Ursachen auszuschließen. Essstörungen können z.B. in Folge anderer psych. Erkrankungen auftreten wie z.B. bei Depressionen oder Angstzuständen.
Organische Ursachen können Stoffwechselerkrankungen wie z.B.Schilddrüsenfunktionsstörungen, Magen-Darm-Erkrankungen (Morbus-Crohn,Infektionen), Tumore, Nebennierenerkrankungen sein.

Rund um die medizinische Essstörung

hamburger-klGenerell spielt das Thema Essen und Essgenuss eine immer größere Rolle in unserer Gesellschaft. Essen ist nicht mehr nur Notwendigkeit zum Überleben. Essen bedeutet Spaß, Unterhaltung, Zeitvertreib, Frustabbau, gesellschaftliche Anerkennung, Belohnung, Druckmittel. Natürlich ist es gut, das niemand in den westlichen Industrieländern Hunger leiden muss. Doch müssen wir uns alle fragen, ob der übermäßige Nahrungsmittelgenuss nicht den falschen Stellenwert erhalten hat. Wir essen immer und überall: im Kino, vor dem Fernseher, beim Autofahren, im Rennen, im Stehen. pizza-klEines der größten Probleme bei der Nahrungsbeschaffung ist inzwischen, welche der angebotenen unzähligen Sorten Schokolade wir Heute nehmen. Wir opfern ihm viel Zeit und Beachtung. Dies ist in vielen Fällen wohl bereits als gestörtes Essverhalten anzusehen, aber nicht im krankhaften Sinne.
Daran gibt es ja auch nichts auszusetzen, doch sollten wir uns dann auch nicht wundern, wenn in einigen Fällen das Thema Essen als Lösung für familiäre oder soziale Probleme missbraucht wird. Zumal parallel zu diesem Nahrungsüberangebot und den veränderten Essgewohnheiten der gesellschaftliche Druck gestiegen ist, einem  Idealmaß zu entsprechen, welches uns die Werbung vorgaukelt.

Schätzungen sprechen davon, das bereits bis zu 30% der 4 jährigen und auch der Schulanfänger inkonstantes oder wählerisches Essverhalten bzw. Appetitstörungen aufweisen. Doch hier geht es noch nicht um Essstörungen mit Krankheitswert im folgenden Sinne.
Allerdings wird natürlich im frühesten Kindesalter schon der Grundstein für das spätere Essverhalten gelegt. Und gerade Übergewicht hat oftmals seinen Ursprung in falscher Erziehung und Vorbildverhalten der Erwachsenen. Hier gibt es sogar Schätzungen, die von bis zu 60% Jugendlicher sprechen, Ob derartige Zahlen nicht doch etwas zu hoch gegriffen sind, soll hier im Raum stehen bleiben. Dass Übergewicht in den westlichen Gesellschaften ein immer größeres Problem wird, ist aber nicht zu übersehen.

Kleinkinder haben von Natur aus ein Gespür dafür, was sie brauchen, wieviel sie essen müssen. Das gesellschaftlich bestimmte Essverhalten entwickelt sich erst im Laufe der Zeit. Wenn Kleinkinder betonen, keinen Hunger zu haben, dann ist dem meistens auch so. Im Säuglings- und Kindergartenalter sind es oftmals die Eltern, die ein gestörtes Verhältnis zum Essen haben und aus übertriebener Sorge um ihr Kind das natürliche Regulationssystem des Kindes außer Gefecht setzen.
Gerade bei Übergewichtigen spielt das Vorbildverhalten unserer Gesellschaft und natürlich vor allem der Eltern eine wesentliche Rolle. Und gerade Übergewicht ist bereits auch bei kleinen Kindern immer häufiger anzutreffen.
Krankhaftes Übergewicht, Adipositas oder Fettleibigkeit gelten gem. ICD.10 aber nicht als psych. Störung sondern als Ernährungs und/oder Stoffwechselkrankheit. Auch wenn psych. Faktoren hier ebenfalls eine wesentliche Rolle spielen.
Und gleichzeitig ist es auch wichtig, mit dem Thema Essstörung verantwortlich umzugehen und diesen Begriff nicht gleich zu verwenden, wenn ein Kind mal über einen kurzen Zeitraum schlechter isst. Auch hier neigen manche Eltern zu Übertreibungen. Es ist durchaus üblich, wenn Kinder im Laufe ihrer Entwicklungsstufen ihre Essgewohnheiten ändern, mal mehr - mal weniger essen. Ihr Geschmack verändert sich, sie legen mehr Wert auf ihr Äußeres.

Demgegenüber sind Essstörungen im medizinischen Sinne wie die Anorexie und die Bulimie eher ein Problem Jugendlicher. Und sie scheinen ein Symptom unserer modernen Gesellschaft zu sein. Zwar beschrieben bereits der französische Nervenarzt Ernst-Charles Lasegue und der Engländer William Gull 1873 die Anorexia hysterica erstmal ein eigenständige Erkrankung. Und auch die öster. Kaiserin Sissi soll in ihrem Tagebuch bereits die Symptome der Magersucht beschrieben haben. Doch hat die Häufigkeit dieser Gruppe von Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen.

Essgestörte zeigen eine Problematik ähnlich unserer gesamten Gesellschaft. Das Thema Essen und seine Folgen stehen im Mittelpunkt ihres Denkens, immer und überall. Kein Thema ist wichtiger. Kennzeichnend ist ein krankhaft verändertes Essverhalten und eine gestörte Körperwahrnehmung. Es ist für den nicht betroffenen wohl schwer zu verstehen. Aber der Jugendliche, abgemagert zum Skelett schaut in den Spiegel und fühlt sich einfach nur dick, entdeckt Fettpolster wo nur noch Knochen zu sehen sind. Er fühlt sich in diesem Körper nicht mehr wohl und hofft dies durch weitere Gewichtsabnahme ändern zu können. Daneben gibt es aber auch Essstörungen, die am äusseren Erscheinungsbild nicht zu erkennen sind. Die Betroffenen haben ein durchaus normales Gewicht, fallen nicht durch Gewichtsveränderungen auf - doch ihr Essverhalten ist krankhaft gestört.

                                                                                                                                             
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